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Asterix und der Greif - Band XXXIX

Egmont Ehapa Media Verlag

Durchschnittliche Bewertung:
gut (3.1)
Anzahl der Bewertungen: 485

Erstauflage des Buches "Astérix et le Griffon" bei Hachette als Band 39 der Reihe. Gleichzeitig erschien dieser Band europaweit mit 5 Millionen Exemplaren am 21. Oktober 2021, davon in Deutschland mit Übersetzung aus dem Französischen von Klaus Jöken in einer Erstauflage von 1,5 Millionen Ausgaben. Während eines Pressetermins am 11. Oktober 2021 wurde das Titelbild erstmals veröffentlicht.

Diesmal verschlägt es die Gallier ins Barbaricum, weit im wilden Osten. Nach einem verheißungsvollen Traum macht sich Miraculix mit Asterix, Obelix und Idefix auf die Reise ins Land der Sarmaten. Dort wohnt der Schamane Terrine mitsamt seinem Stamm und hat die Hilfe seines alten Freundes bitter nötig! Denn die Römer sind auf dem Vormarsch, um für Cäsar den sagenumwobenen Greif zu fangen, der in dieser Region hausen soll. Zu allem Übel ist in der eisigen Kälte der Taiga auch noch Miraculix‘ Zaubertrank gefroren und dadurch unbrauchbar geworden.

Bereits seit Juli 2021 erzählte die in mehreren Teilen vorveröffentlichte Kurzgeschichte "Asterix und die große Reise" die Vorgeschichte des Abenteuers: Miraculix schläft während eines Schachspiels ein und schreckt wegen eines Traums, in dem ein alter Freund seine Hilfe braucht, aus dem Schlaf. Dieser Freund habe im Traum Kontakt mit ihm aufgenommen und voller Sorge machen sich die Gallier mit einem Karren auf den langen Weg.

Die Bilderserie zu "Asterix und die große Reise": Vorgeschichte | Szene 1 | Szene 2 | Szene 3 | Szene 4 | Szene 5 | Szene 6

Die Wahl auf diesen Landstrich fiel nach Angaben des Szenaristen Jean-Yves Ferri weil er die Handlung in einem fiktiven Gebiet ansiedeln wollte, einer Art "Amazonenreich". Daher entschied er sich auch für die Region zwischen Russland, der Mongolei und Kasachstan. In diesen abgelegenen Gegenden seien Gräber von Kriegerinnen entdeckt worden. Der griechische Dichter Aristeas von Proconnes, der um 600 v. Chr. lebte, berichtete über diese mythischen Regionen und die "Amazonen". Für die Kulisse haben sich die Autoren von der winterlichen Landschaft des Altai inspirieren lassen, die aus Steppen und kleinen verschneiten Bergen mit Lärchenwäldern besteht, die von Bächen und kleinen Seen durchzogen werden. Auch die Filme Eine größere Welt (2019) und Hüter der mongolischen Pferde (2019) hätten ihnen geholfen, die richtige Atmosphäre für dieses Abenteuer zu kreieren.

Dieses Abenteuer erscheint auch als ...

Comedix' Meinung

Asterix, Miraculix und Obelix mit seinem Hund Idefix reisen in diesem Abenteuer in das schneebedeckte Land der Sarmaten, weil sie um Hilfe gerufen wurden. Sie treffen dort auf Römer, die den Plan verfolgen, das heilige Tier der Sarmaten zu entführen und so kommt es, wie es auf 48 Seiten kommen muss: Gallier und Römer treffen bis zum Finale immer wieder aufeinander und letztendlich fügen sich die Römer in ihre Niederlage. Festbankett. Ende.

So habe ich nach dem ersten Lesen dieser Geschichte den Plot gesehen und gedacht, ob es wirklich sein kann, dass das alles gewesen sein soll. So einfach. So schlicht. Das ist der Zeitpunkt, in dem man normalerweise eine Rezension schreibt, schließlich möchte man mit seiner Meinung möglichst schnell in den Chor der anderen Rezensenten einstimmen, die scheinbar einen Wettlauf um die am schnellsten veröffentlichten Meinung machen. So schnell wie möglich, bevor das Thema wieder aus dem Fokus verschwindet.

In den Wochen nach der Veröffentlichung habe ich die Geschichte bearbeitet. Wieder und wieder gelesen. Die ersten Themenbereiche des Asterix-Archivs überarbeitet und mit den Erkenntnissen des Albums erweitert. Die Sprachspiele aufgeschrieben und jede Seite quasi zerpflückt. Jetzt ist vier Wochen später. Und nun ist es Zeit für eine Rezension.

Ja, die Gallier reisen in das Land im Süden Russlands und der Ukraine. Und ja, sie treffen dort auf die Römer und bleiben - latürnich - am Ende siegreich. Doch zwischen Anfang und Ende passiert viel mehr: Da schmiedet der Geograf Globulus einen geheimen Plan, mit dem er Julius Cäsar instrumentalisiert, weil er die brotlosen Expeditionen mit dem Gold, über das der griechische Gelehrte Rigoros von Migraene berichtet, hinter sich lassen möchte.

Das Dorf der Sarmaten nicht einfach nur das Ziel einer hilflosen Truppe, die sich der Hilfe der Gallier bedient, sondern hält den traditionellen Kämpfern aus dem Westen den Spiegel vor. Dort kämpfen heldenhafte Amazonen für die Freiheit und die Männer kümmern sich um die Kinder des Dorfes. Die endlose, schneebedeckte Steppe, in der sich die römischen Truppen verlieren und die an den Befehlen zweifeln, die ihnen durch die Heerführer erzählt wurden und sich zunehmend der Realität verweigern, in dem sie den Erzählungen des Legionärs Fakenius glauben.

Da ist die gar nicht so überraschende Legende des Greifen, die sich als Schauermärchen der sarmatischen Schamanen entpuppt, damit Fremde möglichst nicht den Berichten über Goldvorkommen des alten Griechen folgen und den Frieden des sarmatischen Volks gefährden.

Die Geschichte ist nicht nur wesentlich vielschichtiger als es am Anfang scheint, sondern zaubert mit Wiederholungen und Anspielungen auf die Neuzeit ein Lächeln ins Gesicht. Man mag die vielen Wortspiele auf Pandemien, Verschwörungstheorien oder Game of Thrones als zu neumodisch sehen, doch das war schon immer ein Teil des Asterix-Universums. Man denke dabei nur an Anspielungen auf die Tour de France oder zeitgenössische Anekdoten auf die französische Lebensweise oder den Tourismus.

Gleichzeitig ganz hervorragend und etwas unter den Möglichkeiten bleibt die Übersetzung von Klaus Jöken. Hervorragend deshalb, weil er es wieder schafft, einige Gags aus dem Original zu retten, aber auch eigene Impulse zu setzen und insgesamt die Arbeit von einem Duo hin zu einem Trio (Ferri - Conrad - Jöken) abrundet. Er bleibt jedoch unter seinen Möglichkeiten, weil es ihm die französischen Autoren auch nicht wirklich leicht machen. Wie soll man die Anspielung mit dem Murmeltier verarbeiten, wenn die Grafik keine Chance lässt? Wie soll man den Dialog von Miraculix und Ötküsine übertragen, wenn der komplette reimende Wortwitz aus dem Französischen beim besten Willen nicht gerettet werden kann? Jöken hat trotzdem seinen Anteil am Witz und Spaß der Geschichte in der deutschen Fassung.

Dieses Album gehört zurecht in das Mittelfeld der Asterix-Serie, umgeben von "Asterix auf Korsika" und "Asterix bei den Belgiern". Und ich habe die große Hoffnung, dass die beiden Autoren zukünftig noch mehr ihren eigenen Stil einbringen werden, wenn ihnen der große Meister Albert Uderzo nicht mehr über die Schulter schauen kann.