Hallo,
jüngst ist nun Band 2 der "Integral"-Ausgabe von Max & Luzie in einer Normal- und einer Vorzugsausgabe bei Kult Comics erschienen und damit ziemlich genau ein Jahr nach Band 1.
https://kultcomics.net/max-luzie/532-max-luzie-2.html
https://kultcomics.net/max-luzie/533-ma ... 2-vza.html
Auch in diesem Band sind acht Comic-Geschichten enthalten, namentlich "Bei Robin Hood", "In der Steinzeit", "Bei Wolfgang Amadeus Mozart", "Bei Kleopatra", "Mit Livingstone in Afrika", "Beim Großmogul in Indien", "Bei den Musketieren" und "Bei den Alchimisten". Das sind die Hefte 28 bis 35 der Serie.
Die Normalausgabe hat ein vom Zeichner Franz Gerg neu kreiertes Cover, die Vorzugsausgabe trägt das von ihm leicht überarbeitete Cover des Heftes "Bei Kleopatra".
Ergänzt wird dieser Band durch eine Einleitung von
Heiner Lünstedt (der in verschiednenen Comic-Fachmagazinen auch schon Artikel über Asterix geschrieben hat), welche durch Anmerkungen von Monika Sattrasai, der Autorin der Hälfte dieser Geschichten, ergänzt wird. Das Ganze läuft unter dem Titel "Statt eines Vorworts: Ein offener Diskurs". Wie der Text einleitend beschreibt, soll es Doppelungen und langweilige Einleitungssätze vermeiden, dass Heiner Lünstedt rezensionsartig schreibe und Monika Sattrasai redaktionelle Einschübe mache, wobei beide nicht immer einer Meinung seien.
Mich hat dieses Vorwort-Konzept jedenfalls in der konkreten Umsetzung hier nicht überzeugt. Heiner Lünstedt schreibt offensichtlich keine Rezension aus einer Außenperspektive. Vielmehr gibt er zu den acht enthaltenen Episoden und deren Entstehungsgeschichte - wie es für den redaktionellen Teil einer Gesamtausgabe auch wünschenswert ist - durchaus Hintergrundinformationen, die teilweise nur von den Mitwirkenden stammen können. So begründet er etwa noch einmal, weshalb in der "Integral"-Ausgabe der Werbespruch "Hoffentlich Allianz versichert" durch "neutrale Texte" ersetzt wurde (angeführt werden die abnehmende Bekanntheit bei jüngeren Lesern und die schlechte Eignung für fremdsprachige Ausgaben). Die redaktionellen Anmerkungen von Monika Sattrasai ergänzen und vertiefen seine Ausführungen durchaus passend und informativ. Das funktioniert bei der Behandlung der ersten fünf Geschichten durchaus gut, allerdings eben nicht kontrovers. Besonders schön ist auch, dass hier einige der - im Comicteil der "Integral"-Bände sonst nicht abgedruckten - Zeichnungen aus den ursprünglichen Heftmittelteilen, den ersetzten Werbezeichnungen von den Heftrückseiten und sogar ein paar Bilder der unverööfentlichten ursprünglichen "Steinzeit"-Fassung angesprochen weden und dementsprechend auch bildlich zum Abdruck kommen.
Bei der Besprechung von "Beim Großmogul in Indien" und "Bei den Alchimisten", den einzigen beiden Bänden, zu denen Heiner Lünstedt kritische Anmerkungen wagt, kommen dann von Monika Sattrasai nach jeder kritischen Bemerkung Gegenreden, mit denen sie den Comic verteidigt. In einem Fall wird für solch eine Gegenrede sogar ein Satz Heiner Lünstedts unterbrochen. Die Gegenreden leiten dabei mit Worten der Entrüstung ein ("Ja und?!", "Echt jetzt?!", "Kinder sehen das aber ganz anders!", "Einspruch!"). Ungeachtet der Frage, ob die Kritik von Heiner Lünstedt berechtigt ist - die man sich schon deshalb stellen kann, weil er sie selbst mit "oberflächlich betrachtet" einleitet, ohne dann aber deutlich zu machen, dass bzw. ob und ggf. ab wo er in eine tiefgründigere Betrachtung eingestiegen ist und welche Schlüsse und Bewertungen diese dann erbracht hat - erweckt diese Art der Darstellung den (vielleicht auch ganz unrichtigen) Eindruck, Frau Sattrasai könne keine Kritik vertragen. Man darf ja nicht vergessen, dass Heiner Lünstedt - jedenfalls eher - eine Leserperspektive hat, weshalb sein Text auch einleitend als "rezensionsähnlich" angekündigt wird, während Monika Sattrasai selbst Autorin dieser Abenteuer ist.
Wenn die Autorin selbst dann letztlich dem Rezensenten sogar entgegenhält: "Ebenso gruselig wie lustig sind die Klappergebeine in den Schränken der vorangegangenen 'Alchimisten des Jahres' und der Gag, dass Kieks sich resigniert freiwillig in den für ihn reservierten Schrank begibt", wirkt das arg wie Eigenlob. Wer sich mit seinen Werken durch Publikation in die Öffentlichkeit begibt, sollte die Bewertung, ob die Gags gelungen bzw. die Scherze lustig, die Geschichten spannend, die Enden gerecht sind etc., den Lesern überlassen. Das schließt es ein, auch kritische und negative Meinungsäußerungen dazu zu ertragen. Dass dies gerade im Vorwort zu der umfassendsten und wertigsten Neuausgabe, insbesondere wenn die eine oder andere kritische Bemerkung - wie bei Heiner Lünstedt - doch etwas gewollt bzw. hergesucht wirkt, schwerfällt, ist menschlich völlig verständlich. Dann hätte man das aber m. E. trotzdem besser vor der Publikation kommunikativ einebnen sollen, so dass eine sich ergänzende Betrachtung (Rezension + redaktionelle Ergänzungen) dabei herausgekommen wäre, mit der alle Beteiligten leben können. Renzensionsartige Neutralität hätte von einem Autoren des Vorworts ohnehin niemand erwarten können. Durch die hier gewählte Form des "offenen Diskurses", der schon der unterschiedlichen Stellung der Diskutanten wegen nicht auf Augenhöhe bzw. mit gleicher Objektivität erfolgen kann - kommen m. E. beide Mitautoren nicht besonders gut weg.
Was die Comics angeht, sind in dieser Ausgabe mehrere enthalten, die gerade bei Interesse an Asterix-Anleihen hervorstechen. Das sind zum einen natürlich "Bei Kleopatra" und "Bei den Alchimisten" (siehe dazu schon den Ausgangsbeitrag). Zum anderen findet man aber auch an anderer Stelle zumindest thematische Parallelen ("Asterix im Morgenland" <-> "Beim Großmogul in Indien"). An eher unerwarteter Stelle - in "In der Steinzeit" - bin ich auf ein Panel gestoßen, bei dem ich stark vermute, dass der Zeichner eine der ersten Asterix-Szenen überhaupt im Kopf hatte: wie Vercingetorix Julius Cäsar die Waffen zu Füßen legt bzw. auf die Füße wirft:
Hier wirft Luzie Max - der sich gerade zum Anführer aufgeschwungen und sie wie eine Untergebene behandelt hat - einen Stapel Brennholz auf die Füße. Sowohl ihre unbeugsame, Stolz ausdrückende Körperhaltung, als auch seine Reaktion "AU!" erinnern mich deutlich an "Asterix der Gallier", Seite 5. Bild 2.
Nicht zuletzt kann die Lektüre zumindest einiger dieser Episoden lehrreich sein. So muss ich zugeben, dass mir
David Livingstone zuvor kein Begriff war. Die Zeichnungen zu diesem Afrika-Abenteuer sind zudem m. E. sehr schön detailreich. Da wird auch einmal Suppe in einem großen Kessel über offenem Feuer gekocht, was durchaus an den Zaubertrankkessel in Asterix erinnert, wenn es hier auch die (letztlich unberechtigte) Angst von Max weckt, sie könnten unter Kannibalen gelandet sein und selbst in dem Kessel enden. Die Darstellung der afrikanischen Einheimischen könnte unter dem Aspekt der politischen Korrektheit heute ebensolche Diskussionen auslösen wie diejenige der Numiden-Sklaven oder des Baba in Asterix. Denn hier wie dort zeichnet sie sich durch eine karikative Überbetonung der Lippen aus. In beiden Fällen verstehe ich sie aber weder als rassistisch noch sonst abwertend.
Man darf gespannt sein, ob es bis zum Erscheinen von Band 3 der "Integral"-Ausgabe wieder ein Jahr dauern wird. Diesen Band 2 kann ich Interessierten an Comics mit historischen Hintergründen jedenfalls rundum zum Lesen empfehlen.
Gruß
Erik