Der Mann ohne Eigenschaften?

Allgemeine Themen, die etwas mit Asterix zu tun haben und Vorstellung aktueller Asterix-Hefte, -Filme und -Produkte.

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Arnd
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Der Mann ohne Eigenschaften?

Beitrag: # 76263Beitrag Arnd »

Das Thema ist vermutlich auch etwa so alt wie die Asterix-Reihe selbst, aber tauchte hier vor kurzem im Zusammenhang mit den Suchbegriffen wieder auf.
Asterix ist dafür, dass er immerhin die Hauptfigur in der nach ihm benannten Serie ist, eigentlich eine recht blasse Figur. Es ist schwierig, ihn zu charakterisieren. Er ist intelligent, gebildet und vernünftig. Auch mutig und moralisch integer. Alles nicht besonders spannend. Er hat keine besonderen Marotten oder Macken.
Asterix und Miraculix sind auch die einzigen zwei Gallier in der Reihe, die uneingeschränkt positiv dargestellt werden. Alle anderen - auch Obelix - haben z.T. ernste Defizite, verhalten sich unvernünftig und machen dumme Fehler.
Es ist sicher auch kein Zufall, dass die Reihe oft "Asterix und Obelix" genannt wird, obwohl sie nie so hieß.
Würde "Asterix" auch ohne Asterix funktionieren?
Si vis pacem, evita bellum.
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Erik
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Re: Der Mann ohne Eigenschaften?

Beitrag: # 76265Beitrag Erik »

Hallo,
Arnd hat geschrieben: 7. Juli 2024 13:29Er ist intelligent, gebildet und vernünftig. Auch mutig und moralisch integer. Alles nicht besonders spannend. Er hat keine besonderen Marotten oder Macken.
Asterix und Miraculix sind auch die einzigen zwei Gallier in der Reihe, die uneingeschränkt positiv dargestellt werden.
dem würde ich so unteingeschränkt nicht zustimmen. Asterix ist clever, aber gebildet und intelligent ist er nicht wirklich. In "Kupferkessel" etwa sind seine Versuche, zu Geld zu kommen als Händler, durch Sportwetten oder als Bankräuber (der einen langen Plan ausbaldowert, um ihn dann, erkennend, dass er für Obelix zu kompliziert ist, in einem Federstreich über den Haufen wirft), schon plumt, teilweise geradezu naiv. In Streitigkeiten mit Obelix wird auch er teilweise unsachlich; jedenfalls ist er launenhaft. Seine Ehrenhaftigkeit ist auch nicht immer über alle Zweifel erhaben, wenn wir daran denken, wie er das Wagenrennen in "Gladiator" gewinnen will. Und eine gewisse Skrupellosigkeit zeigt er (zusammen mit Miraculix) in "Goten", deren Streitigkeiten er zum eigenen Nutzen anheizt. Natürlich ist Asterix eine ganz überwiegend positive Figur. Aber uneingeschränkt positiv ist diese Darstellung nicht.

Miraculix ist ein weiser Druide, aber auch er ist nicht immer sachlich, wenn wir etwa über den Schluss der Szene in "Olympische Spiele" sprechen, in welcher auch er die Gefahr nicht Ernst nimmt und vom Schmorenlassen von Pilzen spricht. Er unterliegt auch mehrfach Fehleinschätzungen, etwa in "Trabantenstadt" oder "Gefahr", weil er Bedrohungen zu leichtfertig nimmt. Zudem ist er sehr eitel ("Ich bin der Beste! Ich bin der Beste! Ich bin der Beste!"). Und seine Aufgeschlossenheit gegenüber der Geschlechtergleichheit kennt Grenzen, wie seine Reaktion auf die Frage von Asterix nach der Möglichkeit von weiblichen Druiden zeigt. Insofern ist auch die Darstellung von Miraculix nicht unbefleckt positiv.

Ich gebe Dir aber Recht, dass Asterix' Charakter schwer zu fassen ist. Das ist aber letztlich menschlich, denn viele Persönlichkeiten haben mehrere, mitunter wiedersprüchliche Facetten. Seine Kerneigenschaften liegen sicherlich in seiner Tugendhaftigkeit, Schläue, seiner Freiheitsliebe und seinem Mut.

Ohne Obelix würde er zwar als Dorfkrieger "funktionieren" - wenngleich ihm sicher etwas fehlen würde ohne seinen besten Freund -, die Comicserie Asterix würde ohne Obelix aber natürlich nicht so funktionieren wie sie es tut. Es wäre zumindest eine ganz andere Serie, die auch andere Mechanismen bräuchte, um Humor zu transportieren.

Gruß
Erik
"Alle sollt ihr noch sehen, daß ich habe recht!" (Erik der Blonde, Die große Überfahrt, S. 5)
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Michael_S.
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Re: Der Mann ohne Eigenschaften?

Beitrag: # 76273Beitrag Michael_S. »

Arnd hat geschrieben: 7. Juli 2024 13:29 Asterix ist dafür, dass er immerhin die Hauptfigur in der nach ihm benannten Serie ist, eigentlich eine recht blasse Figur. [...] Alles nicht besonders spannend. Er hat keine besonderen Marotten oder Macken.
Gerade das ist in meinen Augen eine wichtige Eigenschaft, die Goscinny gut gelungen ist: Asterix ist eben kein durchgeplanter, extremer Held mit dramatischen, inneren Konflikten, sondern eigentlich ein ganz normaler Typ, mit dem man sich gut identifizieren kann.

Für mich ist das eine Stärke der Asterix-Reihe, die sie angenehm zu lesen macht, da sie für Reduktion sorgt. Es gibt das Grundthema "Gallier gegen Römer" und das jeweils spezielle Thema eines Bandes. Da brauche ich tatsächlich keine weiteren Nebenschauplätze der Form "Asterix gegen seinen inneren Schweinehund" o. ä.. Das ist auch einer der Gründe, warum ich heute kaum noch Fernsehserien schaue. Früher ging es beispielsweise bei einer Krimiserie tatsächlich darum, dass Kriminalfälle gelöst werden. Heute dreht sich gefühlt die halbe Sendezeit um Nebenschauplätze im Privatleben der Ermittler und irgendwelche charakterlichen Entwicklungen, die sie durchmachen.
Arnd hat geschrieben: 7. Juli 2024 13:29 Es ist sicher auch kein Zufall, dass die Reihe oft "Asterix und Obelix" genannt wird, obwohl sie nie so hieß.
Würde "Asterix" auch ohne Asterix funktionieren?
Nö. Dann hätten wir nur die blau-weißen Beinkleider von Obelix und es würde die rote Hose von Asterix fehlen, um die Tricolore komplett zu machen. ;-)
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Jochgem
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Re: Der Mann ohne Eigenschaften?

Beitrag: # 76274Beitrag Jochgem »

Michael_S. hat geschrieben: 8. Juli 2024 20:13
Arnd hat geschrieben: 7. Juli 2024 13:29 Es ist sicher auch kein Zufall, dass die Reihe oft "Asterix und Obelix" genannt wird, obwohl sie nie so hieß.
Würde "Asterix" auch ohne Asterix funktionieren?
Nö. Dann hätten wir nur die blau-weißen Beinkleider von Obelix und es würde die rote Hose von Asterix fehlen, um die Tricolore komplett zu machen. ;-)
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Iwan
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Re: Der Mann ohne Eigenschaften?

Beitrag: # 76275Beitrag Iwan »

Ich muss auch sagen, ich finde zu positiv gezeichnete Figuren auch eher langweilig. Zum Beispiel habe ich bei den Lustigen Taschenbüchern immer Donald erheblich lieber gesehen als Micky, dem irgendwie alles gelingt und der nur in Schwierigkeiten kommt, weil Goofy, Minnie oder sonst wer stolpert, einen Fehler macht oder sich überwältigen lässt. Da ist mir der gutherzige Tollpatsch Donald sehr viel lieber.
Völlig unerträglich fand ich Tick, Trick und Track in ihrer Rolle als Mitglieder des Fähnlein Fieselschweif, wo sie jeweils alles entweder schon konnten oder zumindest mittels ihrers Schlauen Buchs herausfanden.

Und auch mir gefällt an Asterix eben, dass er alles andere als perfekt ist. Dabei ist mir vor allem seine Streitsucht sauer aufgestossen, mit einer gewissen Rechthaberei. Tatsächlich fällt mir niemand in der Reihe ein, der uneingeschränkt positiv gezeigt wird. Selbst Idefix hat so seine Probleme, Ecken und Kanten
Gott sagte zum Stein: "Und du wirst Feuerwehrmann!" Der Stein sagte: "Nein, dazu bin ich nicht hart genug."
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WeissNix
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Re: Der Mann ohne Eigenschaften?

Beitrag: # 76276Beitrag WeissNix »

Genau das macht ja diese Äktschn-Blockbuster und viele andere Filme a la Hollywood so sterbenslangweilig: Diese ewige Schwarz-Weiss-Malerei von Gut und Böse (die leider immer mehr Einzug ins tägliche Miteinande hält)
Hören Sie mal, würde es Ihnen was ausmachen, wenn ich jetzt einfach aufgebe und verrückt werde? (Arthur Dent in "Per Anhalter durch die Galaxis" von D. Adams)
Wer gendert, hat die Kontrolle über seine Muttersprache verloren. (Karla Lagerfeld)
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Caius_P
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Re: Der Mann ohne Eigenschaften?

Beitrag: # 76902Beitrag Caius_P »

Die YouTuberin Naomi Huart von der Gruppe Les Tabliers Ronds berichtet jedes Jahr im März (frz. Mars) gerne von Asterix-Themen unter der Überschrift „Marsterix“. In diesem Jahr lud sie den folgenden Beitrag hoch, den ich übersetzt habe, weil ich finde, dass er gut in diesen Faden passt.

Warum kann niemand den Asterix-Charakter richtig erfassen?

Guten Tag an alle! Um diesen Marsterix angenehm zu beginnen, biete ich euch garantiert keine Rezension zu „Asterix & Obelix im Reich der Mitte“ an, weil ich ihn nicht gesehen habe. Ich hätte eine Kritik schreiben können, aber ich wollte mein Geld nicht für diesen Mist ausgeben und ich wollte auch nicht an dem Hype um diesen Film teilhaben. Denn wenn alle sagen, dass etwas schlecht ist, rennen die Leute normalerweise in die Kinos oder auf Streaming-Websites usw., um sich selbst vom Ausmaß des Desasters zu überzeugen. So ähnlich verhält es sich derzeit mit der Serie „Velma“, die als eine der schlechtesten Animationsserien für Erwachsene gilt, und dennoch ist sie die meistgesehene Serie im Moment. Ich möchte niemanden dazu drängen, sich diesen Film anzusehen, also werde ich es damit bewenden lassen, was „Asterix & Obelix im Reich der Mitte“ betrifft. Ich möchte nur sagen, dass es Asterix seit über sechzig Jahren gibt, dass er auf viele verschiedene Arten adaptiert wurde und dass Comics wie „Streit um Asterix“, „Die Trabantenstadt“ oder „Tour de France“ zwar für immer in Erinnerung bleiben werden, aber ich denke, dass in einem Jahr jeder „Asterix & Obelix im Reich der Mitte“ vergessen haben wird, sodass es sich nicht lohnt, sich darüber aufzuregen. Und wenn dir eine Empfehlung nicht gefällt, dann schaust du dir die Sachen an, die dir gefallen, und dann redest du nicht mehr davon.

Nein, in diesem Marsterix wollte ich über etwas sprechen, das mir schon seit einiger Zeit im Kopf herumgeht, und das ist die Persönlichkeit von Asterix selbst. Wie ich schon sagte, gab es viele Adaptionen der Abenteuer von Asterix, aber ich finde, dass es unabhängig von der Qualität des Films oder dem Talent des Drehbuchautors, der auf Goscinny folgte, immer etwas gibt, das ich nicht sehr gelungen finde, und das ist die Darstellung von Asterix selbst. Denn wenn man in den Realverfilmungen oder neueren Animationsfilmen genau hinschaut, wird Asterix häufig entweder auf seine nervöse und aufbrausende Seite reduziert oder er ist in der Handlung nicht mehr wirklich präsent. Das sieht man zum Beispiel in „Asterix & Obelix: Mission Kleopatra“, wo er nur eine Nebenrolle spielt, oder in „Das Geheimnis des Zaubertranks“, wo er für die Hälfte des Films ausfällt. Und das ist auch der Grund, warum der Handlungsbogen von einer anderen Hauptfigur wie Genmais aus „Asterix & Obelix im Reich der Mitte“, Numerobis in „Mission Kleopatra“ oder sogar Romantix in „Asterix bei den Olympischen Spielen“ getragen wird. Es sieht so aus, als ob die Leute Asterix-Filme mit den Kämpfen, den Römern, den Gags usw. machen wollen, aber letztendlich ohne Asterix. Ich habe mich gefragt: Müsste Asterix neu beschrieben werden? Es stimmt, wenn man sich die Figur Asterix ansieht, merkt man, dass man keinen klassischen Helden vor sich hat. Goscinny hatte ja auch im Sinn, dass er das Gegenteil von den amerikanischen Superhelden sein sollte ‒ das heißt aber nicht, dass er keine heroischen Werte wie Mut, Bedürfnis nach Unterstützung durch andere usw. haben sollte. Aber abgesehen davon, wer ist Asterix eigentlich? Wenn ich euch jetzt die Frage stelle, wer Asterix ist, werdet ihr wahrscheinlich mit Worten wie „schlau“ und „cholerisch“ antworten, um ihn zu definieren, aber wenn man zu den Ursprüngen zurückkehrt, also zu den Comics von Goscinny, merkt man, dass die Figur viel komplexer ist als das.

Man kann sagen, dass Asterix ein ziemlich passiver Held ist, im Gegensatz zu den amerikanischen Superhelden. Asterix ist nicht derjenige, der das Abenteuer sucht, sondern jemand, dem man eine Aufgabe oder ein Problem anvertraut, die oder das es zu lösen gilt. Es ist nicht er, der die Situation herbeiführt, sondern die Situation wird ihm in Anführungszeichen aufgezwungen. Wenn du in einem Film einen eher passiven Helden hast, wird oft das Klischee des Auserwählten aus der Prophezeiung bedient, der Selbstvertrauen gewinnt und sich entwickelt, wie Harry Potter oder der Hobbit. Aber Asterix hat bereits Selbstvertrauen, er hat bereits einen Ruf, er wird bereits von seinen Feinden gefürchtet und das ist meiner Meinung nach der Punkt, an dem es in den Mainstream-Filmen hakt. Sie bräuchten eigentlich eine klassische Handlung, aber man kann seinen Helden nicht zu einem Klischee machen. Du kannst Asterix nicht zum Superhelden machen, der die Handlung vorantreibt, aber er kann auch nicht im Mittelpunkt einer Initiationsreise stehen. Deshalb denke ich, dass es in Live-Action-Filmen sehr oft einen Nebencharakter gibt, der ein wenig den Part der Hauptfigur übernimmt, der derjenige ist, der den Aspekt der Initiationsreise, der Selbstfindung usw. durchmacht. Das heißt, wenn du willst, dass Asterix im Mittelpunkt deines Films steht und wirklich der Hauptheld des Films sein soll, musst du einen weniger gewöhnlichen Weg finden, die Geschichte zu erzählen. Das Kino hat eindeutig kein Interesse daran, in diese Richtung zu gehen, denn das Ziel ist es, möglichst viele Menschen in die Kinos zu locken, und je untypischer dein Drehbuch ist, desto weniger werden die Leute darauf anspringen.

Eine weitere Sache, die es meiner Meinung nach nicht unbedingt leicht macht, Asterix in einem Mainstream-Film einzusetzen, ist sein Charakter. Denn das Problem ist, dass Asterix eine Figur ist, die nur schwer sympathisch zu gestalten ist. Wenn du dich entscheidest, ihn oberflächlich zu beschreiben oder zu interpretieren, weil du keine Zeit hast, weil es egal ist, weil es nur ein Kinderfilm ist, wirst du ihn zwangsläufig auf seine Seite des „Alleswissers“ und des Cholerikers reduzieren und das hat für mich zu etwas Unerträglichem geführt, wie in „Asterix und Obelix gegen Caesar“.

Ja, zugegeben, Asterix ist cholerisch - das liegt in seinem Charakter. Aber wenn man sich zum Beispiel den Film „Asterix erobert Rom“ ansieht, der für mich das perfekte Beispiel dafür ist, wie man Asterix darstellt, dann gibt es zwar Momente, in denen er wütend wird, aber oft aus logischen Gründen, und sogar die Art, wie er sich über Dinge aufregt, hat eine gewisse Logik. Er regt sich nicht ständig wegen nichts auf. Schauen wir uns einmal an, was Asterix ärgert. Wenn man das Beispiel von „Asterix erobert Rom“ nimmt, hätte er, wenn es oberflächlich geschrieben worden wäre, bei buchstäblich jeder Prüfung ausrasten können: Er hätte sich darüber aufregen können, dass Obelix nicht versteht, dass rohe Gewalt gegen den Ringer nicht funktioniert, er hätte sich darüber aufregen können, dass Iris versucht, ihn zu manipulieren, usw. Aber letztendlich ist der Moment, in dem er wirklich ausrastet, als sie im Haus, das verrückt macht, sind. Ein anderes Beispiel: Man sieht ihn wirklich den ganzen Comic hindurch ausrasten, nämlich in „Die Lorbeeren des Cäsar“, wo er wegen einer Schwachsinnigkeit zwischen Majestix und seinem Schwager gezwungen ist, auf ein Abenteuer zu gehen; ich empfehle dieses Album übrigens, weil es urkomisch ist. Und sehr oft fehlt es ihm an Geduld mit Obelix, wenn dieser ein wenig schwer von Begriff ist. Anhand all dieser Beispiele kann man also sagen, dass das, was Asterix im Allgemeinen zum Ausrasten bringt, entweder die Dummheit anderer Personen ist, also zum Beispiel die Langsamkeit von Obelix oder Majestix‘ Unbeherrschtheit, der ihn nach Rom schickt, um Cäsars Lorbeeren zu holen, nur wegen eines blöden Streits, oder Situationen, die man nicht wirklich kontrollieren kann, wie die Verwaltung zum Beispiel. Asterix als einen Typen zu beschreiben, der ständig ausrastet, wenn ihm etwas nicht passt, und der rund um die Uhr sauer ist auf alle ist meiner Meinung nach nicht nur ein arg simples Mittel, um die Handlung voranzutreiben, es zeugt auch von einem sehr mangelhaften Verständnis der Figur.

Abgesehen von seinen legendären Wutausbrüchen ist Asterix in Wirklichkeit eine mega-gechillte Persönlichkeit. Lies die Comics noch einmal und versuche festzustellen, wie oft man Asterix erlebt, wie er einfach nur ein Nickerchen machen will, sich ausruhen will, herumschlendern will, die Umgebung genießen will, spazieren gehen will etc. Und auch sonst gibt es oft eine extrem besonnene und pragmatische Herangehensweise an Probleme. Er weiß, dass er der Beste ist; er weiß, dass er es schaffen wird, egal was passiert. Warum sollte er sich also aufregen. Schau dir zum Beispiel das allererste Abenteuer von Asterix an, „Asterix der Gallier“. Es gibt nicht einen einzigen Moment, in dem er wirklich ausrastet. Im Gegenteil: Er verbringt die ganze Zeit damit, sich über die Situation zu amüsieren. Er trollt die Römer komplett: Wir wollen uns noch mehr auf ihre Kosten amüsieren. Und wenn man bedenkt, dass dies der erste Comic ist, kann man sagen, dass dies das Grundverhalten der Asterix-Figur ist: Er ist jemand, der andere verarscht.

Asterix spielt mit allen und zieht so ganz gemütlich von Abenteuer zu Abenteuer, indem er seine Gegner manipuliert und auf ihre empfindlichen Stellen schießt. Er ist ein Experte in Sachen Sozialverhalten und versteht die anderen perfekt, so dass er genau dort ansetzen kann, wo es nötig ist, um sein Ziel zu erreichen. Und das ist genau das, was „Asterix erobert Rom“ wie ein roter Faden durchzieht: Er spielt mit den Anderen. Er hat zum Beispiel schnell erkannt, dass der Läufer ein starkes Ego und großen Kampfgeist hat, der ihm zum Verhängnis werden könnte, also triggert er ihn da. Er hat auch erkannt, dass der Ringer ein netter Kerl ist, der seine Geheimtechnik gerne mit anderen teilt, also spielt er das aus: Und genauso trickst er Iris aus, weil er erkannt hat, dass der sich mit seiner Hypnose viel zu ernst nimmt und es nicht ertragen kann, ein bisschen aus der Fassung gebracht zu werden. Und all das führt zu einem Titelhelden, der passiv, aber kompetent ist, selbstbewusst, intelligent, nicht auf Ärger aus, ein bisschen nörgelig, aber vor allem einer, der gerne andere verarscht. Und all das lässt sich nicht so einfach in einer ultrakonventionellen Handlung verarbeiten.

Meiner Meinung nach muss man, wenn man eine Asterix-Verfilmung mit Asterix als Helden machen will, entweder mit seinen Schwächen spielen, um ihn in den Augen der Zuschauer schwach erscheinen zu lassen, wie es zum Beispiel im Comic „Asterix und der Kupferkessel“ der Fall ist, wo der Bösewicht mit seiner Rolle als „ Klassenprimus“ spielt um sich durchzusetzen. Oder man muss die Entscheidung treffen, etwas weniger Mainstreamkino-Taugliches zu machen, sich selbst viel weniger ernst nehmen und etwas sehr Absurdes wie „Asterix erobert Rom“ zu machen. Denn so etwas gibt es ja durchaus: Geschichten mit Helden, die sehr selbstbewusst und arrogant sind, andere verarschen und ihnen auf die Nerven gehen. Aber selbst das trifft auf Asterix nur bedingt zu, denn er ist viel gemäßigter in seinem Selbstbewusstsein und in seiner fiesen Art.

Ach ja, ich vergaß: Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, dass du ihn nicht einmal durch Romantik motivieren kannst, da dies in den Comics nie vorkommt – zumindest ist das nicht seine Motivation. Und es ist für Produzenten für ein Massenpublikum sehr schwer zu verstehen, dass man im Leben auch von etwas anderem als von Romantik motiviert sein kann. Ich weiß nicht warum, aber es scheint so, als ob die einzigen Probleme im Leben aus dem Liebesleben kommen und man keine anderen Probleme im Leben haben kann. Aber wie ich schon am Anfang des Videos sagte, leider ist es derzeit nicht das Ziel des Kinos, tiefgehende und nachdenkliche Asterix-Filme zu machen, sondern wieder einmal nur Mainstream-Filme, die sich jeder mit der ganzen Familie ansieht, lacht und nach zwei Stunden wieder vergessen hat. Es ist also klar, dass wir nicht so bald eine gut geschriebene Asterix-Persönlichkeit in einer Verfilmung sehen werden. Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich hoffe trotzdem, dass wir eines Tages eine Umsetzung haben werden, in der Asterix wirklich im Mittelpunkt steht. Vielleicht nicht in den Live-Action-Filmen, aber möglicherweise mit den Comics oder sogar der Zeichentrickserie, die Alain Chabat machen wird, denn ehrlich gesagt schmerzt mich zu sehen, wie Asterix, der neben Troubadix eine meiner Lieblingsfiguren ist, so sehr in den Abenteuern untergeht, die schließlich nach ihm heißen. Vergessen wir also den nervösen, cholerischen Asterix, der ständig ausrastet, und erinnern wir uns stattdessen an den schlauen Asterix, der die Gegner so herrlich verarscht.
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Re: Der Mann ohne Eigenschaften?

Beitrag: # 76906Beitrag Erik »

Hallo Christoph,
Caius_P hat geschrieben: 27. September 2024 21:19Die YouTuberin Naomi Huart von der Gruppe Les Tabliers Ronds berichtet jedes Jahr im März (frz. Mars) gerne von Asterix-Themen unter der Überschrift „Marsterix“. In diesem Jahr lud sie den folgenden Beitrag hoch, den ich übersetzt habe, weil ich finde, dass er gut in diesen Faden passt.
vielen Dank für die Übersetzungsarbeit. Es ist ein sehr interessanter Text. Wenngleich ich der Autorin nicht in allen Askepten zustimme (z. B. überbewertet sie m.E. das cholerische Moment in Asterix' Wesen; er regt sich sehr selten unkontrolliert auf), sind da wirklich gute Denkansätze für eine Charakteranalyse enthalten. Allerdings hat die YouTuberin wohl Recht damit, dass eine grundlegende Änderung im Stil der Asterix-Verfilmungen, so wünschenswert sie insbesondere bei den Realverfilmungen wäre, nicht zu erwarten ist.

Gruß
Erik
"Alle sollt ihr noch sehen, daß ich habe recht!" (Erik der Blonde, Die große Überfahrt, S. 5)
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WeissNix
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Re: Der Mann ohne Eigenschaften?

Beitrag: # 76907Beitrag WeissNix »

Wer ist hier cholerisch???
Hören Sie mal, würde es Ihnen was ausmachen, wenn ich jetzt einfach aufgebe und verrückt werde? (Arthur Dent in "Per Anhalter durch die Galaxis" von D. Adams)
Wer gendert, hat die Kontrolle über seine Muttersprache verloren. (Karla Lagerfeld)
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